Der Pferderücken unter dem Reiter
Der Rücken des Pferdes ist eine Wirbelbrücke zwischen Vorhand und Hinterhand. Wenn ein junges Pferd erstmalig einen Reiter trägt, so wölbt es den Rücken zunächst auf und zieht ihn krampfartig zusammen. Bald aber wird es im Rücken nachgeben: Es lässt ihn durchhängen. In diesem Stadium trägt das Pferd das Reitergewicht nur mit dem Knochengerüst, ohne irgendwelche Muskeln wesentlich zu Hilfe zu nehmen. Dass dabei Verspannung eine wesentliche Rolle spielt, erkennt man daran, dass das Pferd mit fortschreitender Ermüdung die Vorderbeine vor und die Hinterbeine weit zurückstellt.
In dieser Haltung kann es den Reiter eine geraume Zeit tragen, aber es ist in seiner natürlichen Bewegungsfreiheit behindert. Wird diese Haltung dem Pferd zu unangenehm und schmerzend, so wird es durch Anspannung den Rücken versteifen, um ihn damit tragfähiger zu machen.
Die Folge ist ein unsicherer, steifer Gang mit kleinen Schritten.
Der lange, langfaserige Rückenmuskel ist aber zu Dauerleistung in Spannungen nicht geeignet; er wird ermüden und schmerzen. Die Folge ist, dass das Pferd die Rückenmuskeln entspannt und den Rücken wieder durchhängen lässt wie zu Anfang. Dies kann sich im Wechsel wiederholen. Es gibt Pferde, die sich ihr Leben lang auf diese Weise mit dem Reitergewicht abfinden. Ihr Rücken federt nicht, sie lassen den Reiter nicht sitzen und werfen im Trab stark.
Der lange Rückenmuskel darf also unter dem Reiter nicht versteifen, das Tragen des Reitergewichtes muss anderen Muskelgruppen zufallen. Die Aufgabe, dem belasteten Rücken seine natürliche Haltung wiederzugeben, hat ein Teil der Nackenmuskeln mit dem Nackenband. Dehnt das Pferd in der geforderten vorwärts-abwärts-Haltung den Hals nach vorn, so üben die Nackenmuskeln und das Nackenband eine entsprechende Zugwirkung aus, die Dornfortsätze werden aufgerichtet. Ihnen müssen die Rücken- und Lendenwirbel nach vorn und oben folgen. Damit wird der Rücken gehoben und er kommt in seine natürliche Lage zurück.
Für das gerittene Pferd ist also der Kopf-Hals-Hebel die Balancierstange, die es dazu benutzt, sich so mit dem Reitergewicht abzufinden. So bleibt die Muskelgruppe des Rückens und der Kruppe für ihre eigentliche Tätigkeit, die Fortbewegung frei.
Quelle: Freizeit im Sattel (Ausgabe: April/2005)